WAVE InitiativeDemonstrationsstudie zu Seismischem Netzwerk auf dem Campus Bahrenfeld veröffentlicht
19 May 2022

Photo: WAVE Initiative
Forschende der Exzellenzcluster Quantum Universe und Climate, Climatic Change, and Society (CliCCS) der Universität Hamburg, des Deutschen Elektronen-Synchrotrons DESY und des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ) Potsdam hat in einer Demonstrationsstudie erarbeitet, wie sich auf dem Forschungscampus in Hamburg-Bahrenfeld mithilfe eines seismischen Netzwerks die Auswirkungen seismisch übertragener Störungen messen lassen. Die Studie beinhaltet auch Ideen zur Umsetzung eines seismischen Netzwerks als Bestandteil der Forschungsinfrastruktur auf dem Campus.
Im Rahmen der WAVE Initiative entwickeln Forschende Methoden, mit denen durch Bodenschwingungen übertragene Störungen gemessen und aus den Messdaten von Experimenten extrahiert werden können. „Das ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung von Messdaten“, erklärt Professor Oliver Gerberding vom Exzellenzcluster Quantum Universe der Universität Hamburg und ergänzt: „WAVE könnte in den kommenden Jahren zu einem internationalen Leuchtturm-Projekt werden.“ Seismisches Rauschen ist für Großforschungsanlagen und Labore eine erhebliche Störquelle bei Präzisionsmessungen. „Neben natürlichen Phänomenen wie Erdbeben, Gezeiten oder Meereswellen, verursachen auch Aktivitäten des Menschen, beispielsweise Verkehr oder Bauarbeiten, Störsignale, die durch den Boden übertragen werden“, erläutert die Geophysikerin Professor Céline Hadziioannou vom Exzellenzcluster CliCCS. Holger Schlarb aus der Gruppe Maschine Strahlkontrollen bei DESY fügt hinzu: „Der innovative Ansatz ermöglicht eine großflächige Überwachung der Infrastruktur im Umfeld von Beschleunigeranlagen und vor allem ein schnelles Reagieren auf dort entstehende Störungen, beispielsweise durch den Betrieb von Klimaanlagen oder Pumpen.“ In den Daten, die im Rahmen der Demonstrationsstudie erhoben wurden, konnten die Forschenden auch die Auswirkungen akustischer Durchsagen oder des Netzbrummens von Trafo-Häuschen erkennen.
Für die Messung der störenden äußeren Einflüsse haben die Forschenden ein sogenanntes seismisches Netzwerk genutzt. Es besteht aus ortsverteilten akustischen Sensoren (distributed acoustic sensing, DAS). Die Technologie basiert auf Glasfaserkabeln, die eigens für die Messungen verlegt werden, kann aber auch auf bereits vorhandene Glasfaserkabel aus der Telekommunikation zurückgreifen. Sie wird vom GFZ weltweit eingesetzt, beispielsweise beim Erforschen und Monitoring von Geothermieprojekten oder vulkanisch aktiven Gebieten. Seismische Netzwerke ermöglichen eine hohe räumliche Auflösung der übertragenen Störungen. Die Sensoren messen mithilfe von Laserinterferometrie die Dehnungen und Stauchungen der optischen Glasfaserkabel durch die Bodenschwingungen. Mit demselben Verfahren lässt sich die Übertragung akustischer, für das menschliche Ohr hörbarer Signale messen. Die Demonstrationsstudie der WAVE Initiative basiert auf Messungen entlang eines gut 12 Kilometer langen Strangs vorhandener Glasfaserkabel auf dem Forschungscampus in Hamburg-Bahrenfeld und im Tunnel des Röntgenlasers European XFEL.
Über die Erforschung der Technologie seismischer Netzwerke hinaus ist für die Geophysiker Prof. Céline Hadziioannou und Prof. Dirk Gajewski vom Exzellenzcluster Climate, Climatic Change, and Society (CliCCS) eine Anwendung im Zusammenhang mit Smart City-Konzepten, sowie Nachhaltigkeit und urbaner Sicherheit in Städten interessant. Die Physiker Oliver Gerberding und Roman Schnabel entwickeln am Exzellenzcluster Quantum Universe der Universität Hamburg Komponenten für Gravitationswellendetektoren. „Für die Messung von Gravitationswellen ist eine hohe Präzision des Detektors notwendig. Mithilfe von seismischen Netzwerken lässt sich sogenanntes Newton’sches Rauschen, also die Störung durch gravitative Effekte sich anziehender Massen bestimmen.“ Eine Kenntnis über seismische Störungen auf dem Campus ist zudem ein Gewinn für alle Forschungsanlagen und Labore vor Ort. Für das Forschungszentrum DESY haben seismisch übertragene Störungen eine große Relevanz mit Blick auf Großforschungsanlagen, wie beispielsweise den European XFEL, die Messstationen an der Hochleistungs-Röntgenquelle PETRA III und die zukünftige Strahlungsquelle PETRA IV.