Suche nach Dunkler MaterieEntscheidende Fortschritte beim MADMAX-Experiment
24. Juli 2025

Foto: MPP
In der Shielded Experimental Hall (SHELL) der Universität Hamburg entwickelt eine internationale Forschungskollaboration mit Beteiligung des Exzellenzclusters Quantum Universe das MADMAX-Experiment, um Axionen aufzuspüren. Die Teilchen gelten als vielversprechende Kandidaten für Dunkle Materie und könnten ein Rätsel um die starke Kernkraft lösen. In der aktuellen Projektphase hat das MADMAX-Team verschiedene Ansätze getestet und die Ergebnisse kürzlich in den „Physical Review Letters“ veröffentlicht.
Bislang existiert das Axion nur in theoretischen Modellen. Interessant ist das Teilchen für Forschende, weil es zwei Forschungsthemen in der Teilchenphysik entscheidend voranbringen könnte: die Zusammensetzung der Dunklen Materie und ein noch nicht verstandenes Merkmal der Starken Kraft. Diese wirkt wie ein Klebstoff, hält Quarks in Protonen und Neutronen zusammen und sorgt so für stabile Atomkerne.
Die theoretische Teilchenphysik sagt voraus, dass kosmische Axionen Schwingungen des elektrischen Feldes auslösen, wenn sie einem Magnetfeld ausgesetzt sind. Diese Eigenschaft ist die Grundlage für das MADMAX-Experiment. Mithilfe eines sehr starken Magneten versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese Schwingungen als Mikrowellenstrahlung nachzuweisen. Allerdings macht die Theorie keine genauen Aussagen darüber, bei welcher Frequenz das Mikrowellensignal liegt.
„Man kann sich Axion-Experimente wie Radioempfänger vorstellen“, sagt Béla Majorovits vom Max-Planck-Institut für Physik, Sprecher der MADMAX-Kollaboration. „Das Axion sendet sein Signal bei einer unbekannten Frequenz und wir müssen unser Radio genau auf diese Frequenz einstellen.“
Fokus auf einen bisher vernachlässigten Frequenzbereich
Aktuelle Experimente suchen Axionen im Bereich von mehreren hundert Megahertz, also bei Radiostrahlung. Plausible theoretische Modelle sagen jedoch voraus, dass die von Axionen verursachte Schwingung bei einer deutlich höheren Frequenz liegt. MADMAX durchsucht die Bandbreite von 10 bis 100 Gigahertz. Da das erwartete Mikrowellensignal sehr schwach ist, verstärkt ein sogenannter Booster die Umwandlung der Vakuumschwingungen in Mikrowellen.
Dieser neuartige Booster besteht aus mehreren Scheiben, die vor einem Metallspiegel positioniert und für Mikrowellen durchlässig sind. An den Oberflächen von Spiegel und Scheiben werden die Vakuumschwingungen in Mikrowellen umgewandelt. Die vielfachen Reflektionen der Wellen zwischen dem Spiegel und den Scheiben erzeugen Resonanzen und verstärken so das Signal. Um verlässliche und reproduzierbare Ergebnisse mit MADMAX zu erhalten, ist es wichtig den Verstärkungseffekt des Boosters genau zu kennen.
Erste Messungen mit einem Booster-Prototypen
Nun ist es dem Forschungsteam erstmals gelungen, diesen ‚Boost-Faktor‘ zu bestimmen. Dazu nutzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zwei komplementäre Methoden: Im ersten Verfahren wurde der Booster mit Mikrowellen bestrahlt ähnliche Resonanzen hervorgerufen wie durch Axionen. Über eine Messung dieser Resonanzstärke konnte der Verstärkungsfaktor direkt bestimmt werden. Die zweite Methode basiert auf dem Reflektionsverhalten des Boosters. Daraus konnten die Forschenden die wesentlichen Parameter ermitteln, die zur Berechnung des Verstärkungseffektes nötig sind.
Dank dieser Vorarbeiten war es bereits jetzt möglich, mit einem Booster-Prototyp nach Dunkle-Materie-Axionen zu suchen [2]. Dazu wurde der Booster ans CERN gebracht. Die Messungen fanden im 1,6 Tesla starken Magnetfeld des MORPURGO-Magneten statt. Das Forschungsteam konnte zwar keine Axionen finden, aber die bisherigen Messungen in zwei Frequenzbändern weit an Genauigkeit übertreffen.
Nach Erreichen dieser wichtigen Meilensteine ist die internationale Forschungsgruppe zuversichtlich, in den nächsten Jahren den Booster und die Nachweismethoden weiter optimieren zu können. Als nächster Schritt sind von 2027 bis 2029 weitere Messungen im MORPURGO-Magnet am CERN geplant, die einen weiterentwickelten Prototyp-Booster nutzen. Das endgültige Experiment soll danach am DESY in Hamburg aufgebaut werden.
Die Schwäche der Starken Kraft
Das Axion könnte nicht nur die Dunkle Materie erklären, sondern auch ein zentrales Problem der Teilchenphysik lösen: das sogenannte starke CP-Problem. Dabei geht es um die Frage, warum die starke Kraft, die die Quarks und Gluonen im Atomkern zusammenhält, unter Umkehrung der Zeitrichtung symmetrisch ist. Das Standardmodell der Teilchenphysik sagt eigentlich das Gegenteil voraus.
Das Problem lässt sich am Beispiel eines Wasserglases veranschaulichen. Ein Glas Wasser bleibt ein Glas Wasser, unabhängig vom Zeitpunkt des Betrachtens. Auch wenn man die Zeit wie in einem Film einige Minuten zurückspult, bleibt es ein Glas mit Wasser. Anders ist es bei einem Glas mit einem Eiswürfel: Bei Zimmertemperatur schmilzt dieser mit der Zeit. Dreht man die Zeitrichtung um, gefriert das Wasser wieder zu Eis – bei Raumtemperatur, was ja nicht möglich ist. In diesem Fall würde man von einer Asymmetrie unter Umkehrung der Zeitrichtung sprechen.
Laut Standardmodell der Teilchenphysik ist die starke Kraft unter Umkehrung der Zeitrichtung nicht symmetrisch. Allerdings gibt es dafür keine Belege. Diesen Widerspruch von Theorie und Praxis könnte das Axion auflösen: Das Teilchen könnte sich mit den Quarks und Gluonen verbinden und so eine Asymmetrie verhindern.