Forschung in zehn DimensionenTheoretischer Physiker Timo Weigand kommt nach Hamburg
6. Oktober 2020

Foto: Weigand privat
Professor Dr. Timo Weigand hat zum 1. Oktober 2020 eine Professur für Theoretische Physik an der Universität Hamburg angetreten. Weigand forscht und lehrt künftig am II. Institut für Theoretische Physik und verstärkt als leitender Wissenschaftler die Forschungsaktivitäten zur String-Theorie im Exzellenzcluster Quantum Universe.
Prof. Dr. Timo Weigands Forschungsschwerpunkt fordert die Vorstellungskraft heraus, denn sein Spezialgebiet, die String-Theorie, ist eine Theorie mit zehn Dimensionen. Neben der Zeit und den drei für den Menschen erfahrbaren Raumdimensionen kommen sechs weitere Raumdimensionen hinzu. Teilchen und ihre Wechselwirkungen werden hier als Anregungen sogenannter Strings (engl. für Faden, Saite) beschrieben, deren unterschiedliche Schwingungszustände es erlauben, teilchenphysikalische Phänomene theoretisch zu modellieren und vorherzusagen. Forscher sehen in der String-Theorie das Potenzial das sogenannte Standardmodell der Teilchenphysik, mit dem die heute bekannten Elementarteilchen beschrieben werden, und die Gravitation, die Wechselwirkung zwischen Objekten aufgrund ihrer Masse, in einem übergeordneten theoretischen Konzept zusammenzuführen.
Prof. Weigand interessiert sich besonders für die Zusammenhänge zwischen den zehn Dimensionen der String-Theorie und den erfahrbaren vier Dimensionen sowie die Geometrien, die mathematische Beschreibung, der sechs Raumdimensionen, die bislang experimentell noch nicht nachgewiesen werden konnten. Theoretische Physiker sprechen in diesem Zusammenhang von der Kompaktifizierung der sechs Raumdimensionen und meinen damit, dass sie eine aufgerollte Form annehmen. Jede dieser String-Kompaktifizierungen ermöglicht Aussagen über die Physik bei sehr hohen Energien. Dies eröffnet ein theoretisches Laboratorium, um allgemeine Eigenschaften der Quantengravitation und ihrer möglichen Implikationen für die Teilchenphysik zu untersuchen. Darüber, wann diese Erkenntnisse auch experimentell überprüfbar sein könnten, möchte Timo Weigand nicht spekulieren. Es habe immer schon eine zeitliche Differenz, oft von mehreren Jahrzehnten, zwischen der Entwicklung theoretischer Ideen und ihrem experimentellen Nachweisen gegeben. Das Higgs-Teilchen und Gravitationswellen sind dafür gute Beispiele.
„Was mich an meinem Forschungsschwerpunkt begeistert, ist das Wechselspiel zwischen Physik und Mathematik und die besondere Logik der String-Theorie, die uns dazu anregt, auf physikalische Art über mathematische Fragestellungen nachzudenken“, erklärt Prof. Weigand. Hamburg bietet ihm in mehrfacher Hinsicht ein vielversprechendes Forschungsumfeld. „Die zentralen Fragestellungen, die die String-Theorie antreiben, sind genau die fundamentalen Fragen, an denen sich die Forschung am Exzellenzcluster Quantum Universe orientiert.“, sagt Timo Weigand, der künftig zu den leitenden Wissenschaftlern des Exzellenzclusters gehört. Auch mit Kolleginnen und Kollegen des Zentrums für Mathematische Physik und des Wolfgang-Pauli-Centers, zwei Plattformen der Universität Hamburg und des DESY, wird Weigand Ideen für eine Zusammenarbeit entwickeln. Vor seiner Berufung auf die Professur für Theoretische Physik an der Universität Hamburg hatte Timo Weigand eine Professur für Mathematische Physik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz inne.
Wissenschaftlicher Werdegang
Timo Weigand absolvierte sein Grundstudium mit Schwerpunkt Mathematische Physik an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Nach dem Vordiplom ging er nach Cambridge, um dort den Part III of the Mathematical Tripos zu absolvieren, eine in Fachkreisen bekannte Spezialisierung in Mathematischer Physik und String-Theorie. 2006 hat er seine Promotion in München abgeschlossen. Als Postdoc war er an der University of Pennsylvania und am Stanford Linear Accelerator Center (SLAC) in den USA. Weitere Stationen führten ihn an die Universität Heidelberg, wo er sich 2010 habilitierte, sowie ans CERN, die Europäische Organisation für Kernforschung. Von 2019 bis zu seinem Wechsel nach Hamburg war er Professor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.