Bahn frei für Bereit für die Erkundung eines neuen BereichsGravitationswellen von der Sonne
6. August 2025
Von der Sonne kommt nicht nur Sonnenschein – laut neuer Forschung des IFIC, des DESY und des Exzellenzclusters Quantum Universe der Universität Hamburg strahlt unser nächstgelegener Stern auch ultra-schwache Gravitationswellen über ein enormes Frequenzspektrum aus. Diese leichten Störungen im Raum-Zeit-Gefüge könnten eines Tages neues Licht auf das frühe Universum werfen. Diese Theorie stellt alte Annahmen in Frage und ebnet den Weg für zukünftige Entdeckungen mit neuartigen Gravitationswellen-Detektoren.
Eine Zusammenarbeit zwischen Forschenden des Instituto de Física Corpuscular (IFIC, CSIC–Universitat de València), DESY und Quantum Universe hat zur bislang genauesten Vorhersage von in der Sonne produzierten Gravitationswellen geführt. Gravitationswellen sind winzige Störungen in Raum und Zeit, die entstehen, wenn sich sehr massereiche Objekte bewegen oder zusammenstoßen. Laut der heute in Physical Review Letters veröffentlichten theoretischen Studie senden selbst ganz normale physikalische Vorgänge im Sonneninneren kontinuierlich ein extrem schwaches, hochfrequentes Hintergrundrauschen aus Gravitationswellen aus. „Hochfrequent“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass diese Wellen sehr schnell schwingen – deutlich schneller als die bisher messbaren Gravitationswellen von etwa kollidierenden Schwarzen Löchern. Dieses Signal ist mit heutiger Technologie nicht messbar, liefert jedoch eine präzise Referenz für zukünftige Forschungsarbeiten – mit anderen Worten: Sobald zukünftige Detektoren empfindlich genug sind, könnten sie sie aufzeichnen.
Von niedrigen zu hohen Frequenzen
Während sich heutige Gravitationswellendetektoren auf niederfrequente Signale konzentrieren – wie sie bei der Kollision von Schwarzen Löchern oder Neutronensternen entstehen – beschäftigt sich eine wachsende Forschungsgemeinschaft inzwischen mit einem neuen Terrain: dem Hochfrequenzspektrum. Dieses neue Forschungsfeld ist erst in den letzten Jahren entstanden, befeuert durch neue theoretische Ansätze und experimentelle Konzepte, mit dem Ziel, Signale aus der Frühzeit des Universums nachzuweisen. Bislang wurde angenommen, dass in diesen hochfrequenten Bereichen keine störenden astrophysikalischen Hintergrundsignale auftreten – diese Studie widerspricht nun genau diesem Gedanken.
„Das eröffnet einen bislang übersehenen Blick auf hochfrequente Gravitationswellen“, sagt Camilo García-Cely vom IFIC, der die Arbeit gemeinsam mit Andreas Ringwald, DESY-Theoretiker und leitender Wissenschaftler bei Quantum Universe, durchgeführt hat. „Wir wissen jetzt, dass selbst gewöhnliche Sterne wie die Sonne Gravitationsstrahlung im Hochfrequenzbereich abgeben – auf einem Niveau, das mit dem früher Prozesse im frühen Universum vergleichbar ist.“
„Die Sonne leuchtet (noch) nicht wirklich in Gravitationswellen“, meint Ringwald. „Aber aus optimistischer Sicht bedeutet das genau: Wir haben einen weiten, nahezu ungestörten Raum zur Entdeckung neuer Physik. Ob sich solche Wellen künftig wirklich messen lassen, ist zwar offen – aber wenn, könnten sie einzigartige Einblicke ins Sonneninnere liefern.“
Viele Experimente sind auf der Suche
DESY prüft derzeit verschiedene Wege, sich auch experimentell an diesem neuen Forschungsfeld zu beteiligen. Dazu zählen Projekte wie ALPS II, BabyIAXO, MADMAX, MAGO und NEST, die darauf abzielen, extrem schwache Signale von Axionen oder hochfrequenten Gravitationswellen nachzuweisen. Axionen sind hypothetische Teilchen, die möglicherweise zur Erklärung der Dunklen Materie beitragen – einer bislang unsichtbaren Substanz, die einen Großteil der Masse im Universum ausmacht. Die Gruppe von García-Cely am IFIC ist Teil eines spanischen Forschungsverbunds, der aktiv an diesen Experimenten beteiligt ist.
Die Studie greift eine Idee aus den 1960er-Jahren wieder auf, die auf den Physiknobelpreisträger Steven Weinberg zurückgeht – eine Schlüsselfigur der modernen Teilchenphysik. Weinberg hatte die Gesamtleistung der von der Sonne ausgesendeten Gravitationsstrahlung abgeschätzt, jedoch kein vollständiges Spektrum angegeben. „Wir konnten sein Vermächtnis erweitern, indem wir zusätzliche physikalische Effekte integriert und ein vollständiges, konsistentes Spektrum über eine breite Frequenzspanne hinweg berechnet haben“, so García-Cely.
„Besonders spannend war, wie viele verschiedene Bereiche der Physik in diese Arbeit eingeflossen sind“, resümiert Ringwald. „Solch ein interdisziplinärer Ansatz ist essenziell, wenn wir dem Universum auf die grundlegendsten Fragen näherkommen wollen.“